Frei nach Ödön von Horváth
Eine theatrale Collage für Puppen und Menschen frei nach dem Roman „Der ewige Spiesser“ von Ödön von Horváth
Willkommen im Kabarett «Zum Ewigen Spiesser» – im Panoptikum der Untiefen und Sehnsüchte. Hier wird gelebt, geliebt, gelacht, gelogen und betrogen. Das Karussell dreht und die Welt dreht mit im ewigen Spiel um Schein und Sein, um Liebe, Traum und Ewigkeit.
München 1929, Schellingstrasse, aber nicht dort, wo sie bei der Ludwigskirche so vornehm beginnt, sondern dort, wo sie aufhört. Hier fällt Horváths Blick auf die menschliche Komödie im Kleinen und im Allgemeinen.
eine Koproduktion mit dem Theater Stadelhofen Zürich.
Uraufführung: 6. Juni 2015
Dieses Stück gewann im Jahr 2015 am Festival „Theatertage Heidelberg“ den ersten Preis der Fachjury.
Spielplan
Im Moment sind keine Aufführungen geplant
Mitwirkende
- Spiel Anna Karger / Delia Dahinden / Lukas Roth
- Endregie Dorothee Metz
- Dramaturgie Gabriella Mojzes
- Puppenbau Delia Dahinden
- Musikalische Leitung Martin Schumacher
- Bühne Didi Berger und Lukas Roth
- Licht Li Sanli
- Technik Li Sanli und Michael Murr
- Fotos Andrin Winteler
- Grafik Gestalterei Lars Klingenberg
- Website naloo . nadia loosli
- Spezial Effekte Erwin Forster
Der Stoff
Unser Stoff ist Ödön von Horváths Roman „Der ewige Spiesser“ aus dem Jahr 1930. Mit einem Blick, in dem sich analytische Schärfe und menschliche Nachsicht durchdringen, erfasst Horváth darin den Überlebenskampf der kleinen Leute.
1929 bricht ein gutaussehender Autoverkäufer zur Weltausstellung nach Barcelona auf, um sich zwecks Zukunftssicherung eine reiche Frau zu angeln. Eine ehemalige Näherin beschliesst auf vielseitiges Anraten hin, in erotischer Hinsicht endlich praktisch zu werden. Ein als Zahntechniker gescheiterter Möchtegernjournalist, ein arbeitsloser Kellner, eine Schlummermutter, die ihre Ohren an allen Türen hat, und eine Witwe, die antiquarische Aktpostkarten verkauft – sie alle kämpfen ihren täglichen Überlebenskampf. Sie betrügen, verkuppeln, verraten und erpressen einander. Sie beugen sich dem Zwang, es im Leben zu etwas bringen zu müssen: als resignierende Mitläufer, in naiver Freude am Übervorteilen oder indem sie ihre durchaus scharfsichtige Selbstreflexion von ihrem Handeln abspalten.
Uneigennützige Taten schimmern nur schwach im bunten Trubel der Verfehlungen, fast könnte man sie übersehen. Ihre Wirkung ist ungewiss – jedoch immerhin.
Der Roman zeigt eine weitgehend desillusionierte und orientierungslose Welt – in Deutschland im Jahre 1929. Unter dem Druck von Arbeitslosigkeit, wirtschaftlicher Not und politischer Radikalisierung werden die menschlichen Beziehungen zur Ware. Betrug und Verrat sind an der Tagesordnung, Gefühle haben keinen Platz. Fremdes wird annektiert, Eigenes verworfen. Niemand scheint sich ethisch auszukennen. Politische Meinungen haben, wo immer sie geäussert werden, ihren Ursprung in persönlichen Nöten und Wünschen, in Hass und Enttäuschung. Durch diesen Wirrwarr begleitet Horváth seine Figuren in ihrem Bestreben, es trotz allem zu etwas zu bringen.
Horváth war ein visionärer Schriftsteller mit einer messerscharfen Sprache. Seine Themen und die Fragen, die seine Figuren umtreiben, haben nichts an Aktualität verloren: Wie „praktisch“ müssen wir werden, um zu überleben? Wo ist die Grenze zwischen Selbsterhaltung und Ausbeutung?
Und im weiteren: Sind die Weltkriege und die grossen Wirtschaftskrisen tatsächlich so weit weg von uns? Die Waffen sind inzwischen raffinierter geworden, die Krisen unübersichtlicher und die Frage, wie wir uns verhalten sollen, umso drängender.
Das Projekt
Wir haben uns das Ziel gesetzt, diesen verschachtelten Roman für die Bühne zu adaptieren. Eine Bühnenbearbeitung muss, unserer Ansicht nach, über ein blosses Nacherzählen hinaus gehen und durch ihre Bildersprache ein neues Licht auf den Stoff werfen können. Aus diesen Überlegungen heraus kamen wir zu dem Schluss, von den Visionen und traumartigen Sequenzen des Romans auszugehen, die bei Horváth einen wichtigen Platz einnehmen.
Wir richten unser Augenmerk auf die drei Hauptfiguren und deren inneres Erleben: Wunsch- und Albträume, Erinnerungen, Spekulationen verwirbeln sich mit den als real erzählten Ereignissen. Es bleibt in der Schwebe, ob eine Lebensentscheidung aktuell gefällt oder in Gedanken vorweggenommen oder erinnert wird – die Folgen werden erlebt oder erträumt.
Wir arbeiten mit Puppen, weil durch sie die inneren Handlungen vergrössert werden können.
Hauptschauplatz ist in unserer Version das Weltkabarett „Zum ewigen Spiesser“ an der Schellingstrasse, aber „nicht da wo sie bei der Ludwigskirche so elegant anfängt, sondern da wo sie aufhört“. Hier begegnen sich die Figuren, suchen ihr Glück, betrügen und belügen sich selbst und einander. Der Ort ist Treffpunkt und Showbühne zugleich. Ein schmieriger Conférencier führt durch den Abend, Musik lädt zum Tanz, Schein und Sein, Glück und Verlust sind die Angelpunkte des Geschehens.
Zum Konzept gehört ein bewegliches Bühnenbild aus einfachen rollbaren Elementen. Durch Verschiebungen und Drehungen verwandelt sich das Kabarett in ein enges Zimmer, wird der Raum zur Strasse oder zu einem Park.
Am Schluss des Stückes löst sich der Raum endgültig in ein Karussell von sich drehenden Wänden mit Figuren und Menschen auf, die wie Trabanten ewig um ihr eigenes Leben kreisen, sich nicht berühren, aber auch nicht befreien können.
Impressionen
Videos
Hin ist Hin Trailer
Kamera und Schnitt: David Masu
Auf Wunsch senden wir Ihnen den Link zum ganzen Filmmitschnitt.
Presse
15.11.15 Laudatio
1. Preis der Jury am Festival Heidelberger Theatertage
In dieser bemerkenswerten Aufführung gelingt den Schauspielerinnen und Schauspielern ein Zusammenspiel von Menschen und Puppen in großer Dichte.Die Jury ist der Meinung, dass gerade auf diese Weise die tragisch-komischen Horváth-Texte eine besondere Intensität entwickeln. Geschickt wird die Aufführung von Varieté-Elementen umrahmt. Ein schriller Herr lädt ins Kabarett „Zum ewigen Spießer“. Da werden alte Schellack-Platten aufgelegt, da wird gesungen, getanzt und gezaubert, auf der Säge gespielt und die Frau ohne Unterleib vorgeführt. Bis ins kleinste Detail stimmen die Requisiten, Kartenspiele, Zigaretten und Kleider. Das Leben ist eine große Zauberkiste und am Ende zerplatzen alle Träume.04.06.15 NZZ
Still und schrill
Anne Bagattini
Ihren ersten, ausgesprochen starken, Tanzauftritt haben die lebensgrossen Puppen, während Lukas Roth im weissen Sakko und mit osteuropäischem Akzent- Dajos Belás Foxtrott „Auch Du wirst mich einmal betrügen“ singt. Die von Delia Dahinden gebauten Figuren haben knautschige Stoffgesichter mit riesigen Augen, Nasen und Mündern. Das alles wirkt äusserst grotesk – und ist eine treffende Umsetzung von Horváths stark überzeichneten Romanfiguren (…) ganz schön schräg.04.06.15 Tages Anzeiger
«HIN IST HIN» – schöne Lieder vom ewigen Betrügen
Christoph Schneider
Ödön von Horváth hatte den schärfsten Blick für das äussere Hui und das innere Pfui der Seele, und darum erkannte er auch die seltenen Fälle von innerem Hui und äusserem Pfui. Aus dem Episodenroman „Der ewige Spiesser“ schöpft das Puppen- und Menschenpuppenspiel „HIN IST HIN“ ein wunderbar sarkastisches dunkel trauriges Konzentrat der Wirklichkeit als boshafter Institution. Geschmeidig gleitet da eine Inszenierung (Regie Dorothee Metz) aus der Zeit zwischen den Weltkriegen in die Aktualität.24.10.16 Allgemeine Zeitung Mainz
Dämonisches hinter dem Puppenspiel
Gerd Blase
Dahinden setzt dieses Sujet mit ihren Puppen und ihren beiden Compagnons grossartig in Szene. Die Inszenierung sprüht vor ungewöhnlichen Einfällen. vor kargem Bühnenbild entfaltet sich ein reicher Bilderbogen. Hass und Liebe, Betrug und Redlichkeit, künstliche und menschliche Darsteller reichen sich die Hand zum rasanten Reigen.07.10.21 Passauer Neue Presse
Ganz nah dran
Christoph Kleiner
Es dauert nur kurz, dann ist der ungewohnte Anblick verdaut, die Puppen entwickeln ein Eigenleben, formen Charaktere, ohne die „Lebenden“ neben ihnen zu verdrängen. Ob’s mehr an den grandios ausdrucksstarken Klappmaulpuppen liegt oder am spielerischen Talent des Dakar-Trios unter Regie von Dorothee Metz – schwer zu sagen. Jedenfalls wird schnell klar, dass sich Exzess und Schäbigkeit der zugleich goldenen wie schmutzig-grauen 20er Jahre auf der Bühne hundertmal besser darstellen lassen als mit jedem Babylon-Berlin-Set. An Staffage braucht es nicht viel. Kein pompöser Tanzpalast, keine versifften Hinterhöfe, nur ein paar schwarze Trennwände haben die Schweizer mit nach Burghausen genommen. Der Fokus im Stadtsaal liegt auf der Atmosphäre – Grammophonmusik, Licht und Schatten, düstere Endzeitstimmung, Not und Elend abseits des reichen Bürgertums. Nichts verkörpert den Mix aus Wolllust, Weltkriegsfolgen und wirtschaftlicher Depression, mit dem Ödön von Horváth in seinem „Der ewige Spießer“ die Vorlage für „Hin ist Hin“ liefert, besser als Delia Dahindens lebensgroße Puppen, genauer: lebensgroße Puppentorsi. Da ist der verkrachte und zugleich nach Großem strebende Autoverkäufer Alfons Kobler, der bei der Weltausstellung in Barcelona sein Glück versuchen will, die in die Prostitution getriebene Näherin Agnes Pollinger, der arbeitslose Kellner Eugen Reithofer, der nicht nur eine neue Stellung, sondern vor allem menschliche Wärme sucht. Von einem „Zusammenspiel in großer Dichte“ war 2015 in der Laudatio die Rede, als die Dakar-Produktion den 1. Preis bei den Heidelberger Theatertagen absahnte. Und tatsächlich gelingt Anna Karger, Delia Dahinden und Lukas Roth eine unglaubliche Intensität. Puppen wie Schauspieler gehen wortwörtlich Hand in Hand, eine perfekte Symbiose, ohne dass der eine den anderen verdrängt. Spielt die Handlung von „Hin ist Hin“ auch in der Münchner Schellingstraße und stammt das Dakar-Ensemble auch aus Zürich, so bricht doch ab und an Wiener Schmäh durch – verbunden mit witzigen Detailideen. Da rauscht das Schaumstoffcabriolet in Miniaturgröße durchs Bühnenbild, da tanzt der bestrapste69 Damenunterleib schon mal ohne Oberkörper umher. „Was ist so besonderes an der Gottesmutter Maria? Doch nur, dass sie Jungfrau war, und das waren wir schließlich alle mal“, winkt die Animierdame lethargisch ab. Das Happy End bleibt letztlich aus, nicht aber der langanhaltende Applaus des Burghauser Publikums. Ein fulminanter Auftakt für die neue Schauspielsaison an der Salzach.12.03.18 Zürcher Oberländer
Die Figuren tragisch, die Blicke leer
Deborah von Wartburg
Das Ganze passiert rasend schnell. Die Puppengesichter sind detailliert gearbeitet. Bis zur Furche um den Mund meint man die Charaktere Horváths wiederzuerkennen. Die tragischen Hauptrollen werden allesamt von Puppen verkörpert, was zur Folge hat, dass man sich dabei ertappt, für eine Puppe mehr Sympathie zu empfinden als mit dem Gegenspieler aus Fleisch und Blut. Eingebettet ist die Szenerie in «das Kabarett zum ewigen Spiesser». Darin tritt der virtuose Alleskönner Herr Brunner auf. Er ist als Musiker, Journalist und Zauberer für die Abendunterhaltung der Bühne zuständig. Er sorgt dafür, dass die 1920erJahreStimmung musikalisch und tänzerisch mitschwingt. Gespielt wird er von Lukas Roth. Der Direktor des Kabaretts, ein krötengesichtiger, geldgieriger alter Mann, erklärt derweil die Nachteile des Glücklichseins und leitet so in die Geschichte vom Fräulein Pollinger. Tatsächlich sind die Puppengesichter so ausdrucksstark und emotional bespielt, dass man am Ende überrascht ist, als sich nur drei Personen vor dem begeistert klatschenden Publikum verbeugen – da waren doch noch viel mehr.13.03.18 Kulturtipp
Lebendige Puppen
Frank Niederhäusern
Schwarzhumoriger Reigen (…) Puppentheater für Erwachsene haben einen besonderen Reiz. Vor allem dann, wenn die Puppen lebensgross sind und von Schauspielerinnen und Schauspielern geführt werden. Die Puppen nämlich erscheinen fast genauso lebendig wie die drei Spielenden, ihre Mimik chargiert auf magische Weise je nach Emotionen.13.11.15 Laudatio, 1. Preis der Jury Heidelberger Theatertage
Hin ist Hin, eine theatrale Collage für Puppen und Menschen
In dieser bemerkenswerten Aufführung gelingt den Schauspielerinnen und Schauspielern ein Zusammenspiel von Menschen und Puppen in großer Dichte. Es ist die Zeit der Weltwirtschaftskrise im vorigen Jahrhundert mit Armut und Verzweiflung, mit Betrug und Prostitution aber auch mit Hoffnung und Träumen. Das Leben der kleinen Leute wird auf die Bretter des Varietés geholt in all seiner Schäbigkeit, mit schwarzem Humor und Wiener Schmäh. Das Leben ist hässlich, das vermitteln die übergroßen Köpfe der Puppen mit eigentümlicher Eindringlichkeit. Die Puppen werden von den Schauspielern mit Leichtigkeit zum Leben erweckt, ja sie sind Teil der Puppen, in die sie hinein- und aus denen sie herausschlüpfen. Mal Puppe, mal Mensch, mal beides: der Wechsel von einer Rolle in die andere geschieht in rasantem Tempo. Die Maskenhaftigkeit der Pappmaschee-Gesichter, die von den Schauspielern zum Sprechen gebracht werden, verstärkt das Gefühl von unabänderlichem Schicksal. Die Jury ist der Meinung, dass gerade auf diese Weise die tragisch-komischen Horváth-Texte eine besondere Intensität entwickeln. Geschickt wird die Aufführung von Varieté-Elementen umrahmt. Ein schriller Herr lädt ins Kabarett „Zum ewigen Spießer“. Da werden alte Schellack-Platten aufgelegt, da wird gesungen, getanzt und gezaubert, auf der Säge gespielt und die Frau ohne Unterleib vorgeführt. Bis ins kleinste Detail stimmen die Requisiten, Kartenspiele, Zigaretten und Kleider. Das Leben ist eine große Zauberkiste und am Ende zerplatzen alle Träume. Bemerkenswert bei dieser Inszenierung auf kleinstem Raum sind auch die tanzenden Schiebewände und Rollelemente, die einer eigenen Choreografie folgen und damit die Szenenwechsel gekonnt in das Spiel integrieren. Am Schluss wundert sich manch einer, dass sich nur zwei Frauen und ein Mann verbeugen. Gefühlt waren es viel mehr.PartnerInnen
Mit freundlicher Unterstützung
Vergangene Aufführungen
Meck à Frick, Geissgasse 17, 5070 Frick
nordArt Festival – Asylhofbühne, Stein am Rhein
Kulturufer Festival Kleines Zelt , Olgastraße 21 88045 Friedrichshafen / DE
Theater Max-Reger-Halle, Bernhard-Suttner-Strasse 4, 92637 Weiden in der Oberpfalz / DE
Stadttheater Langenthal, Theatersträsschen 1, 4900 Langenthal
Chössi Theater, Freudenau 2092, 9620 Lichtensteig
Stadtsaal Burghausen , Burghausen DE
Stadt-Saal, 84489 Burghausen, DE
Ersatzdatum: Di 5. Oktober 2021
Theater Uri, Altdorf
Ticino, Wädenswil
Homunculus internationales Figuren-Theater Festival, Hohenems / A
ThiK Baden, Baden
weitere Vorstellung 17. März 2018
Central , Uster
Figurentheater Festival, Appenzell
Theater Tage Chur, Theater Chur
Münchner Stadtmuseum, München / DE
Figurentheater St Gallen, St Gallen
weitere Vorstellung 20. Januar 2017
Figurentheater Winterthur, Winterthur
weitere Vorstellung 26. November 2016
Romanischer Keller, Heidelberg / DE
Unterhaus Mainz , Mainz / DE
Winterthurer Musikfestwochen, Winterthur
Figura internationales Figuren-Theater Festival, Baden
KTV Börse, Thun
La Marotte, Affoltern a. Albis
Theater am Gleis, Winterthur
Fabrikpalast, Aarau
Weitere Aufführung, 27. November 2015
Phönixtheater, Steckborn
TiKK, Romanischer Keller, Heidelberg, DE
Kultur in Hadern, München, DE
Theater im Burgbachkeller, Zug
Theater Stadelhofen, Zürich
Uraufführung / Weitere Spieldaten: 3. – 7. Juni 2015 / 19. – 20. November 2015 / 3. – 4. März 2016